2022 Projekt "Kultur-Snack for you"
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Mit insgesamt 104 Kinder und Jugendlichen mit einem Migrantenanteil von 92 % sind an zwei Standorten kostenlos nutzbare Räumlichkeiten und ein dritter in einem Schrebergarten eingerichtet worden, in denen sich die Teilnehmer*innen regelmäßig mindestens 1-2 mal pro Woche und in den Ferien fast täglich treffen konnten, Bedarfsorientierte Angebote mit Ehrenamtlichen und einem hauptamtlichen Mitarbeiter wurden umgesetzt.
Die Räumlichkeiten sind zu einem Großteil aus von den Kindern und Jugendlichen selbstorganisierten Sachspenden ausgestattet worden, so dass von den Projektgeldern ausschließlich der verbleibende ermittelte Bedarf und mit den Teilnehmer*innen abgestimmte Einkauf umgesetzt werden konnte, der nicht als Sachspenden organisiert werden konnte.
Durch gemeinsame Kochaktionen, Entrümpelungs- und Renovierungsaktionen, Spieleangebote, Gartenpflanz- und Ernteaktionen, Kunst- und Musiksessions sowie Beratungs-, Austausch- und Vermittlungsangebote konnten unterschiedlichste Themen der Kinder im Projekt umgesetzt und wahrgenommen werden. Ein besonderes Thema wurde durch die ukrainisch angedockten Kinder und Jugendlichen entfacht und begleitete das ganze Projekt. Kriegserlebnisse, Verlust und Trennung von Familienangehörigen sowie der Wert des Friedens bewegten alle Teilnehmer*innen. Auch syrische Kinder, die nun schon länger in Deutschland waren machten den Neuankömmlingen Mut und berichteten von sehr langen Fluchtwegen und traumatischen Erlebnissen. Ehrenamtliche Übersetzer halfen bei der Verständigung. Zunehmend wurden aber auch Handy-Übersetzer in Anspruch genommen. Fast bei jedem Angebot gab es neue aktuelle Infos über die man sich austauschte und viele Ideen wurden entwickelt welche Hilfe man leisten könnte vor Ort in Aachen aber auch für die Zurückgebliebenen in der Ukraine. Von den Teilnehmer*innen selbstorganisierte Sammelaktionen von Tür zu Tür in Nachbarschaften aber auch bei Firmen brachten Palettenweise Hilfsgüter zusammen, die u.a. von Busunternehmen und LKWs anderer Organisationen kostenlos an die Grenze zur Ukraine gebracht und von Angehörigen abgeholt wurden oder von privaten Rückkehrern direkt mitgenommen wurden in die Ukraine.
Deutsche Kinder und Jugendliche sowie Kinder mit unterschiedlichen Migrationshintergründen sprachen plötzlich von „unseren ukrainischen Familien“. Sprachbarrieren wurden neben Handyübersetzungen und Übersetzer*innen mit Mimik, Gestik, Bildern und viel Raten sowie Lachen überwunden. Englisch bekam eine neue relevante Bewertung in der örtlichen aber globalen Auseinandersetzung für die Kinder.
Gemeinsam wurden z.B. englisch sprachige Nachrichten angeschaut. Aber auch russisch konnte als vermittelnde Sprache dienen.
Besonders bewegend waren Begegnungen zwischen russischen und ukrainischen Kindern, die bewusst sich eine Kaffeemaschine für ihre Eltern gewünscht haben, um die Eltern zu regelmäßigen gemeinsamen Kultur-Snack-Café mit Bewirtung durch die Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen. Nicht wenige Eltern hatten Tränen in den Augen als Sie die Begeisterung der eigenen Kinder sahen, wie sie die jeweils anderen Eltern mit russischer und ukrainischer Herkunft mit Freude bedienten. Sie wollten zeigen, dass es unter Kinder und unter Familien keine Rolle spielen soll. Anfängliche Bedenken einzelner Gäste wurden durch die Art der Kinder und Jugendlichen schnell erwärmt und zauberten schnell nach bösen Blicken ein Lächeln in fast alle Gesichter. Die Kinder und Jugendlichen kamen sogar auf die Idee immer wieder neue ukrainische und russische Migranten durch gezielte Einladungen über kooperierende Schulklassen und Kindergärten ohne Vorinformation zu einem kostenlosen Kultur-Snack-Café einzuladen. Einige eingeladenen kamen schüchtern oder sogar empörend mit anfänglichen Anschuldigungen, was wir denn mit Ihnen vorhätten. Nachdem die Kinder dann aber selbst die Kleinsten mit 7 Jahren den Erwachsenen erklärten warum sie die Einladung persönlich für Sie umgesetzt haben wurden aus kurzfristigen Gegnern Botschafter für das Projekt. Es fanden bei einer Reihe gezielt ukrainischer-russischer Kultur-SnacK-Cafés mit selbsterstellten und für die Besucher kostenlosen Speisen herzliche Umarmungen statt. Es bildeten sich sogar Patenschaften zwischen ukrainischen und russischen Familien und für Lebensmittel und Getränkespenden für die Kultur-Snack-Cafés. Auch Gesellschaftsspiele waren eine willkommene Ablenkung aus traumatischen Erlebnissen und dem Alltagstrott in vielen Familien. Einzelne Kinder und Jugendliche berichteten, dass es das erstmal nach langer langer Zeit war, dass sie mit den eigenen Eltern gespielt hatten. Auch gab es bei den einfachen Spielen so gut wie keine Kommunikationsprobleme, wenn einmal die Regeln verstanden waren. Bei einem Sommerfest mit dem kooperierenden Burtscheider Turnverein konnten viele ukrainische Kinder zu einer Mitgliedschaft in einer Fussballmannschaft vermittelt werden. Danach wurden die Teilnehmer*innen des Projektes nach weiteren Wünschen oder bereits vorheriger Sport- und Kulturaktivität befragt und an diverse weitere Vereine wie z.B Schwimmverein, Schützenverein, Musikverein etc. vermittelt.
Durch die Mitgestaltung der Kinder- und Jugendlichen achteten sie selbst sehr auf die Sauberkeit und Ordnung der Räumlichkeiten ohne, dass Erwachsene etwas sagen müssen. Eher war es sogar so, dass Kinder erwachsene Gäste ermahnten bessere Ordnung zu halten besonders in Bezug auf die Mülltrennung nachdem es dazu ein spielerisches Schulungsangebot für die Kinder und Jugendlichen gegeben hatten. Auch das Thema Nachhaltigkeit, Umweltverschmutzung und Folgen vom Krieg für die Umwelt wurden zu gewünschten Themen mit Teilnehmer*innen gezielt recherschiert und besprochen.
Durch interkulturell ausgerichtete Angebote konnten die Kinder und Jugendlichen Erfahrungen mit unterschiedlichen Essensritualen, Gerichten, Zubereitungsmethoden, Musikstilen, Bräuchen, Ritualen und demokratischen Entscheidungsprozessen sammeln. Besonders durch die eigene Sachspendenakquise konnten die Teilnehmer ihre Selbstwirksamkeit wachsen sehen, wenn sie ins vorübergehende Sammellager (Schrebergartenhaus) mit neuen Spenden kamen oder den Bus bepackten. Kinder ermutigten ihre Eltern ehrenamtlich mit zu helfen, wenn sie selbst nicht in der Lage waren etwas zu transportieren oder Berührungsängste hatten. Mit wachsendem Spendenbergen verschwanden die Berührungsängste immer mehr, Fremde anzusprechen in der Schule, in der Nachbarschaft ja sogar auf der Straße. Durch vorherige Belehrungseinheiten wurden die Kinder und Jugendlichen eingewiesen, nie alleine zu einer Privatperson zu gehen, um eine Spende abzuholen. Weil nicht immer andere Kinder und Jugendliche Zeit hatten, haben die Eltern sich dann auch bewegen lassen und haben als weiterer Motor fungiert in dem sie stolz auf ihre Kinder waren und sie unterstützten.
Es ging sogar soweit, dass Zimmer und Wohnungen durch Kinder und Jugendliche für Geflüchtete vermittelt werden konnten. Dies waren besondere Momente und wurden dann mit gespendetem Kindersekt gefeiert.
Wir konnten Kinder und Jugendliche beobachten, wie sie Teams selbständig zusammenstellten, um unterschiedliche organisatorische Maßnahmen um zu setzen.
Deren Eltern erzählten im Projekt Mitarbeitenden, dass ihre Kinder statt auf dem Handy zu spielen abends nur noch mit Whatsapp sich Sachspendenfotos über Kleidung, Möbel, Geschirr, Konservendosen, Ersthilfetaschen, Medikamente, Spiele, Instrumente, Werkzeuge und vieles mehr gegenseitig zu schickten und ganze Schulklassen und Lehrer zu Spenden motivierten.
Das Ziel, das Jugendliche Strategien entwickeln, wie sie sich selbst helfen können, wenn das Budget zu knappt ist über unsere Erwartungen hinaus erreicht worden.
Ebenfalls waren viele Eltern überrascht wozu die eigenen Kinder in der Lage sind, wenn man sie denn mal lässt bzw. ihnen sogar Verantwortung im möglichen Rahmen überlasst.
Durch Schulungseinheiten konnten die minderjährigen Teilnehmer*innen Kinderechte verinnerlichen und für Kindeswohlgefährdung sensibilisieren. Tatsächlich gab es auch durch uns vermittelte Familiengespräche mit dem Jugendamt über mögliche Hilfsangebote bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung und „lebensmüden“ Eltern.
Viele Kinder und Jugendliche, haben die Räumlichkeiten für ihre eigene Geburtstagsparty genutzt. Grillen im Schrebergarten war dabei besonders gefragt, so dass sogar Geburtstage zusammen gefeiert wurden.
Durch die vielen Spenden konnte sich das Projekt im hohen Maße selbst mitversorgen, da die Teilnehmer*innen sich nicht zu schade waren, auch für das eigene Projekt zu erfragen, was sie sich wünschten. So gab es denn am Ende des Jahres noch eine Adventsfeier mit einer gemeinsamen Abstimmung einen großen Kühl-Gefrierschrank mit kaltem Wasser und Eiswürfeln für die Kultur-Snacktreffen und die Elterncafés vom Projektgeld zu erstehen. Noch auf der abschließenden Silvesterparty mit Kinderdisco ab 19 Uhr und Teilnahme von Eltern ab 22 Uhr konnte dieser eingeweiht werden.
Dabei servierten Kinder und Jugendliche selbstgemischte Saftcocktails mit Eis und selbstvorbereiteten Snacks. Die Dienste dazu hatten sie selbstständig nach nur einer Vorbesprechung mit einem Mitarbeiter eingeteilt.
Da in der näheren Umgebung der Räumlichkeiten viele Menschen mit Behinderungen leben ist der Plan der Teilnehmer*innen in 2023 gezielt behinderte Menschen in den Kultur-Snack for you einzuladen.
2017-2021 Projekt "Kultur-Snack"
Unterschiedliche Hilfsangebote für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund.